Karl Kobelt: Zug ist eine lebenswerte Stadt
Karl Kobelt (FDP) ist seit dem 1. Januar 2019 neuer Stadtpräsident von Zug. Er setzte sich bei einer Stichwahl im Dezember 2018 deutlich durch. Der 59-Jährige sitzt seit 2013 im Stadtrat und amtete bisher als Finanzchef. Mit seiner Wahl ist das Stadtpräsidium erstmals seit zwölf Jahren wieder in bürgerlicher Hand. Karl Kobelt ist Historiker, wurde in St. Gallen geboren und wohnt seit 1998 in Zug.
Paul Felber, Felber Aktuell
04. April 2019
Herr Stadtpräsident Kobelt, wenn Sie eine ideale Stadt beschreiben müssten, wie sähe die aus?
Die Stadt Zug ist
sympathisch, kleinstädtisch und zugleich recht urban. Die Bevölkerung fühlt
sich mehrheitlich wohl in ihrer Umgebung. In Zug kennt man sich noch, grüsst
auf der Strasse, ist in Netzwerke eingebunden und nimmt am Vereinsleben teil.
Auf der anderen Seite ist Zug als attraktiver Wirtschaftsstandort auch sehr
international. Damit reicht die Stadt Zug nahe an ein Idealbild heran. Ihr
Erfolg hat auch Schattenseiten, das will ich nicht bestreiten. Sie sind nicht
zu dramatisieren, entsprechende Herausforderungen sind aber aktiv anzugehen.
Der Mittelstand kann sich in der Stadt bald keine Mietwohnung mehr leisten. Wohneigentum ist für viele gar unerschwinglich geworden. Schafft das nicht Probleme?
Richtig ist, das hohe Immobilienpreise eine Begleiterscheinung des Erfolgs sind. Die Korporation Zug, die Bürgergemeinde Zug und diverse Wohnbaugenossenschaften bieten günstigen Wohnraum an und leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der sozialen Durchmischung. Die Volksinitiative «Wohnen in Zug für alle», die zusätzliche preisgünstige Wohnungen verlangt, wird umgesetzt. Erste Schritte sind mit der Entwicklung einer Strategie und dem Erlass von Richtlinien für die Vergabe von städtischen Wohnungen erfolgt. Die Stadt will indes nicht selber Wohnungen bauen, sondern beispielsweise Land im Baurecht abgeben. Bei allem darf man nicht vergessen, dass preisgünstige Wohnungen oft gar nie auf den Markt kommen, weil sie unter der Hand weitervermietet werden.
Das grosse Verkehrsaufkommen ist ein weiteres Thema, das intensiv diskutiert wird. Welche Lösungen sehen Sie da?
Verkehrsprobleme kennen die meisten grösseren Orte in der Schweiz. Man muss sich nur am Morgen und am Abend die Verkehrsmeldungen am Radio zu Gemüte führen, dann wird schnell klar, dass wir damit nicht alleine stehen. Nach der Ablehnung des Stadttunnels 2015 ist es unser Ziel, optimalere Bedingungen für alle Verkehrsträger zu schaffen. Auch in Verkehrsfragen arbeiten der Kanton und die Gemeinden zusammen. Das bewährt sich in der Region Zug gut. Ich möchte da die S-Bahn erwähnen, ein überregionales System, das sehr gut funktioniert. Im Verbund mit anderen Gemeinden wird der Veloverleih vereinfacht und damit die Attraktivität markant gesteigert. Die Stadt Zug verfügt über ein neues Parkleitsystem und hat damit verhältnismässig wenig Suchverkehr. Beim Postplatz wurde ein neues Parkhaus in Betrieb genommen. Gewisse Ladenbesitzer wünschen zudem den Erhalt von möglichst vielen oberirdischen Parkplätzen.
Zug wird und soll weiterwachsen. In welche Richtung?
Wir streben ein qualitatives Wachstum an. Dieser Begriff mag etwas abgenutzt sein, aber definiert unsere Zielrichtung jedoch recht präzis. Wachstum ohne Verlust von Aufenthaltsqualität heisst kurz gefasst die Devise. Als Beispiel einer gelungenen städtebaulichen Entwicklung mag das Kolingeviert dienen. Hier ist es gelungen, auf kleinem Raum eine funktionierende Symbiose zwischen Arbeiten, Wohnen und Freizeit zu finden. Grosses Entwicklungspotenzial hat beispielsweise das Siemens-Areal. Beim Technologie-Cluster der V-Zug können wir ebenfalls auf beschränktem Raum Produktion, Wohnen und Freizeitangebote miteinander verbinden. Die Verdichtung leistet einen Beitrag zur Erhaltung der Grünzonen in der Stadt. Sie sind ein bedeutender Faktor für die Lebensqualität. Diesbezüglich haben die Altstadt, das Seeufer, die Guggiwiese, die Naherholungsgebiete in der Lorzenallmend oder der Zugerberg auf unterschiedliche Weise eine besondere Bedeutung.
Anlässe aller Art schaffen Begegnungsmöglichkeiten und fördern den Zusammenhalt in der Bevölkerung. Beispiele dafür sind traditionelle Veranstaltungen wie das Seefest, die Jazz Night, der Märlisunntig, die Fasnacht mit Bäckermöhli, Greth Schell und Chröpflimeh oder neuerdings das Genuss Film Festival, das Fest der Nationen oder der Weihnachtsmarkt.
In Zug West entsteht auf dem Suurstoffi-Areal ein neues Zentrum. Sehen sie die Überbauung dort als Konkurrenz für die Stadt Zug oder als Ergänzung?
Zug-West ist aufstrebend. Das Suurstoffi-Projekt entwickelt sich rasant und erfolgreich. Für den Standort Stadt Zug bedeutet das neue Zentrum zugleich eine Konkurrenz als auch eine willkommene Ergänzung. Konkurrenz ist gut, sie spornt an. Wir wollen weiterhin innovativ und attraktiv für Unternehmen, die Wohnbevölkerung und Familien bleiben. Unsere Standortattraktivität ist nach wie vor sehr hoch. Verdichtung schafft Potenzial für das Wachstum, die Erhaltung der Naherholungsgebiete setzt ihm zugleich gewisse Grenzen. Alle Zugerinnen und Zuger sind heute von ihrer Wohnung aus innerhalb weniger Minuten im Grünen. Das ist eine hohe Qualität, die wir erhalten sollten. Im Gebiet Suurstoffi in Rotkreuz entstanden und entstehen modernste und nach ökologischen Standards erstellte Flächen für Wohnen, Lernen und Arbeiten. Davon profitiert der ganze Kanton Zug.